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 C4i 35a  "Bauart Heidenau-Altenberg" - 73 413 Dresden

Für den Betrieb auf der von 1935-1938 auf Normalspur umgebauten Müglitztalbahn waren auch neue Personenwagen erforderlich. Bei Probefahrten auf der Windbergbahn (Dresden - Possendorf) stellte die Reichsbahndirektion Dresden fest, dass ein Einsatz des vorhandenen Wagenparks in nennenswertem Umfang nicht infrage kam. Das Zuggewicht bei Bergfahrten war auf 175 t begrenzt. Die neuen Wagen sollten durch mehrere Türen kurze Aufenthaltszeiten auf den Unterwegsstationen garantieren und trotzdem über ein ausreichendes Sitzplatzangebot verfügen. Darüber hinaus war Raum für den Transport von Expressgut, Gepäck und Schneeschuhen zu berücksichtigen. Die Eigenmasse sollte gering sein, da im Wintersportverkehr das Bilden möglichst langer Züge vorgesehen war. Neben dem Einsatz auf der Müglitztalbahn beabsichtigte man, die Fahrzeuge vor allem auch im Dresdner Vorortverkehr einzusetzen.

Die Entwicklung der neuen Wagen trieben das Reichsbahn-Zentralamt und die Linke-Hofmann-Werke (LHW) in Breslau voran. 1935 bzw. 1936 wurden zwei BC4i-Probewagen und vier C4i-Probewagen ausgeliefert und zunächst ausgiebig getestet. Auch bei Spitzengeschwindigkeiten von 132 km/h überzeugten die Wagen durch ihre Laufruhe. 1936/37 beschaffte die Deutsche Reichsbahn weitere 30 der Gattung BC4i-35a und 60 der Gattung C4i-35a. Bei diesen Serienfahrzeugen befand sich der Abortraum auf der Wagenseite mit den 3 nebeneinander liegenden Sitzplätzen.

"Altenberger" in Bärenstein"Altenberger" in Bärenstein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  •  Wagenkasten / Laufwerk
    • geschweißtes Kastengerippe mit Säulen und Dachspriegeln aus abgekanteten Profilen
    • Mitteleinstiegspartien aus Walzprofilen zusammengeschweißt
    • Bekleidungsbleche angeschweißt
    • Dachbleche angenietet
    • Eingangsschiebtüren aus Leichtmetall
      (neben der Gewichtseinsparung leichte Handhabung)
    • offene Stirnwandübergänge mit Scherengitter
    • Seitenfenster (1.200/1.000 mm breit) mit Gewichtsausgleich
    • Fußbodenhöhe von nur 1.200 mm
    • zweiachsige geschweißte Drehgestelle der Bauart Görlitz IV leicht (entwickelt von LHW)
    • Leichtradsätze von 900 mm (ab 1942 auch 1000 mm zugelassen) mit Hohlachsen und Gleitlagern
  • Ausrüstung
    • mehrlösige, selbsttätige Druckluftbremse der Bauart Hildebrand-Knorr für Personenzüge
    • Handbremse (betätigt mittels Handrad) beim BC4i-35a im Endraum der 3. Klasse, beim C4i-35a im Traglastenabteil
    • Zugeinrichtung mit zwei Zughaken, durchgehender Zugstange und Schraubenkupplung
    • flache und gewölbte Hülsenpuffer der Bauart Krupp ohne Ausgleichsvorrichtung(Pufferteller500mm)
  • Inneneinrichtung
    • BC4i-35a:
      • 4 offene Abteile 2. Klasse mit je 8 Sitzplätzen (gepolstert)
      • 2 offene Abteile 3. Klasse mit je 10 Sitzplätzen (Lattenbänke)
      • 1 offenes Abteil 3. Klasse mit 4 Sitzplätzen (Lattenbänke)
      • Trennung von Raucher- und Nichtraucherabteil mittels Pendeltür
    • C4i-35a
      • 6 offene Abteile 3. Klasse mit je 10 Sitzplätzen (Lattenbänke)
      • 1 offenes Abteil 3. Klasse mit 4 Sitzplätzen (Lattenbänke)
      • 4 Klappsitze im Traglastenabteil
    • ein Abort pro Wagen
    • elektrische Glühlampenbeleuchtung (40 W)
    • Wendlerluftsauger mit Luftsaugerkästen
    • Dampfheizung
    • Rollvorhänge
    • Linoleumfußboden
    • Schneeschuhhalter in den Endräumen
      (38 Paar im BC4i-35a, 60 Paar im C4i-35a)

Zunächst liefen die „Altenberger Wagen“ im Dresdner Vorortverkehr. Im Müglitztal wurde ermittelt, dass zu verkehrsschwachen Zeiten ein Zug mit drei Wagen (Halbzug - bewährt hat sich die Reihung C4i + BC4i + C4i) ausreichend sei. Für den Ausflugs- und Sonderverkehr wurden Stammzüge (zwei Halbzüge) eingesetzt. Für Talfahrten, besonders zur Bewältigung des Rückreisestroms an Sonntagabenden wurden auch Doppelzüge (zwei Stammzüge) eingesetzt.

Die Wagen der Bauart „Heidenau-Altenberg“ haben sich im täglichen Betrieb bewährt. Die Reisenden lobten besonders den hohen Komfort. Bedingt durch die Kriegsereignisse kam es nicht mehr zu den geplanten KdF-Sonderzügen von Hamburg bzw. Berlin nach Altenberg, so dass ihr Einsatz auf den Großraum Dresden beschränkt blieb. Während des Luftangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945 wurden zahlreiche Wagen zerstört, einige gelangten ins Ausland. Bei der Deutschen Reichsbahn verblieben etwa 40 Altenberger Wagen. Sie wurden u. a. im Schnellzugdienst auf den KBS-Strecken Plauen - Chemnitz - Dresden - Görlitz bzw. - Zittau eingesetzt. Ab 1954 (nach Auslieferung der Mitteleinstiegswagen vom Typ E5) fuhren die Altenberger Wagen auch wieder auf der Müglitztalbahn. Konstruktionsbedingte Korrosionsschäden zwangen in den 60er Jahren zu immer mehr Ausmusterungen. 1968 verließ der letzte „Altenberger“ das Müglitztal.

 

 Typisch für die Müglitztalbahn war auch die BR 86 mit Scherenbremse, hier 86 608 vom Bw Pirna im Bahnhof Dohna/Sa. Foto: Hans-Joachim Simon (Sammlung Ludger Kenning)Typisch für die Müglitztalbahn war auch die BR 86 mit Scherenbremse, hier 86 608 vom Bw Pirna im Bahnhof Dohna/Sa. Foto: Hans-Joachim Simon (Sammlung Ludger Kenning)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach ihrer Ausmusterung wurden mehrere Wagen noch viele Jahre als Unterkunftswagen genutzt, so z. B. ein Wagen bis 1991 am Gleis 26a des Leipziger Hbf und vier Wagen bis 1992 im Braunkohletagebau Klettwitz. Der Verbleib aller Altenberger Wagen ist bisher noch nicht zweifelsfrei geklärt. Feststeht, dass 1992 das letzte 1945 auf dem Gebiet der Deutschen Reichsbahn verbliebene Exemplar verschrottet worden ist.

Im Jahr 1998 entdeckten sächsische Eisenbahnfreunde im tschechischen Zlonice einen Altenberger Wagen der Gattung C4i-35a. Dieser nach dem Zweiten Weltkrieg von den CSD genutzte Wagen hatte in der ersten Hälfte der 1960er Jahren die Nummer 64 567 sowie einen elfenbein/blauen Anstrich erhalten und diente danach in Prag-Vršovice als Dienstpendelwagen. Im Jahr 1967 wurde der Wagen als Wrack auf dem Gelände der CSD-Eisenbahnwerkstätte Ceske Velenice gesehen. Es grenzt daher fast an ein Wunder, dass er danach die Jahrzehnte bis 1998 überdauerte.

Unverzüglich begannen Mitglieder des Fördervereins für die Müglitztalbahn e.V., diesen Wagen zu erkunden und zu sichern. Fast zwei Jahre zogen sich die Verhandlungen mit dem Eigentümer und den tschechischen Behörden hin. Am 18. Mai 2000 war es endlich soweit: Das in Vereinseigentum gewechselte Fahrzeug kehrte per Straßentransport nach Deutschland zurück.

Hier gab der Förderverein die Demontage und schrittweise Restaurierung des Wagens im Zustand seiner Indienststellung 1936 mit der Nummer „73 413 Dresden“ in Auftrag. Diese Aufarbeitung übernahmen mehrere Firmen finanziert durch Bankdarlehen, Fördermittel, Spenden sowie Vereinsgelder an verschiedenen Standorten in Sachsen. Bei der Restaurierung stellte sich heraus, dass sogar eine eingeschränkte Betriebsfähigkeit des Wagens erreichbar sein könnte, was schnell zum neuen Arbeitsziel wurde. Einen Tag nach der am 7. September 2005 erfolgten Probefahrt von Görlitz nach Dresden-Altstadt nahm der damalige Wagensachverständige der sächsischen Landesbahnaufsicht den Altenberger Wagen technisch ab. Daraufhin kehrte der Wagen im Jahr 2006 ins Müglitztal zurück, wo der Förderverein für die Müglitztalbahn e. V. in Bärenstein bei Glashütte im gleichen Jahr eine Fahrzeughalle errichten ließ. In dieser Halle fand der Altenberger Wagen ab Oktober 2006 mehrere Jahre einen geschützten Standplatz. Diesen verließ das Fahrzeug in dieser Zeit nur für wenige Sonderfahrten. Doch die Einnahmen des Fördervereins genügten Anfang der 2010er Jahre nicht mehr, um die Raten vor allem für den zum Bau der Fahrzeughalle aufgenommenen Kredit zu begleichen. Am 18. November 2011 meldete der Verein Insolvenz an.

Damit der Altenberger Wagen im Freistaat bleibt, wurde der Vierachser zunächst 2012 vom Landesamt für Denkmalpflege auf die Liste der technischen Denkmale gesetzt. Im Jahr 2013 übernahmen dann Mitglieder der ISEG den Wagen mit abgelaufenen Einsatzfristen aus der Konkursmasse des Müglitztalbahnvereins, um ihn für die Region Dresden sicherzustellen. Die Fahrzeughalle in Bärenstein musste der Wagen verlassen, da das Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen war. Deshalb verließ der Vierachser im April 2014 das Müglitztal und kam zunächst nach Dresden.

Den Wagen als ISEG-Eigentum langfristig geschützt im ehemaligen Bw Dresden-Altstadt unterzustellen, erwies sich als eine Illusion, wie auch andere Versuche einer Abstellung unter Dach in Dresden ohne Erfolg blieben. Daraufhin fand die ISEG zunächst auf einem Firmengelände in Niederau einen bewachten Abstellort, allerdings war dort eine Fahrzeugseite stets der Witterung ausgesetzt. Ende 2016 zeichnete sich eine Lösung ab: eine Unterstellung im ehemaligen Bw Dresden-Friedrichstadt ab 2017. Vor der Überführungsfahrt aus Niederau traf die ISEG die Entscheidung, den Wagen zur Firma Captrain/ITL nach Pirna bringen zu lassen, um dort eine Lauffähigkeitsuntersuchung ausführen zu lassen. Danach sollte „der Altenberger“ wieder regelmäßig auf Eisenbahnfesten präsentiert und ein Einsatzkonzept erarbeitet werden.

Bei der Befundung des Wagens in Pirna stellten die beteiligten Ingenieure jedoch diverse Altschäden aus der Einsatzzeit in der Tschechoslowakei fest. Da sich die Sicherheitsregeln für Eisenbahnfahrzeuge seit 2005 verschärft haben, ist eine Wiederinbetriebnahme ohne vorherige Reparatur dieser Schäden nicht möglich. Doch dazu müsste der Wagen erneut komplett demontiert werden, um auch am Rahmen verschiedene Baugruppen zu erneuern. Eine Grobschätzung benennt dafür Kosten in Höhe von 200.000 bis 300.000 Euro. Ein derartiger Betrag übersteigt die Möglichkeiten der ISEG, deren Arbeitsschwerpunkt im Wiederaufbau des 1909 in Dienst gestellten sächsischen D-Zug-Wagens 1661 liegt.

Daraufhin wurde der Altenberger Wagen um den Jahreswechsel 2017/18 ohne Lauffähigkeitsuntersuchung von Pirna nach Dresden-Friedrichstadt auf das ehemalige Bw-Gelände überführt. Dort erwartete die ISEG die nächste Hiobsbotschaft: Schrottdiebe hatten die Schiebebühnen in und zwischen den beiden Lokschuppen unbrauchbar gemacht. Da sich kein Eisenbahnunternehmen als Mieter für die Lokschuppen fand, verzichteten die neuen Eigentümer auf eine Reparatur der Schiebebühnen und begannen mit dem Umbau der Gebäude als Lagerräume. Damit hatte sich eine geschützte Unterstellung in einem der Lokschuppen in Dresden-Friedrichstadt zerschlagen.

Doch die neuen Grundstückseigentümer des Bw kamen der ISEG mit einem fairen Mietpreisangebot für einen Standplatzes auf den Gleisen im Freigelände entgegen. Daher steht der Altenberger Wagen seit Anfang 2018 an der Hamburger Straße 39b im Freien. Wenn die ISEG-Mitglieder nicht vor Ort sind, dann werfen die das Gelände noch nutzenden Eisenbahnern und die neuen Mieter stets ein wachsames Auge auf das wertvolle Unikat. Mittelfristig strebt die ISEG eine Abstellung des Wagens unter Dach an.

Weitere Informationen und Bilder über die Altenberger Wagen findet man unter dem Link: http://www.mueglitztalbahn.de/wagen/galerie.htm

Abschnitte des hier vorliegenden Textes stammen von der Homepage des aufgelösten Fördervereins für die Müglitztalbahn e.V. – mit freundlicher Genehmigung des ehemaligen Vereinsvorsitzenden.

 

Skihalter im WaggonSkihalter im Waggon

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Moderne der 30iger Jahre im AbortModerne der 30iger Jahre im Abort